www.intelliExperts.de – „Dies ist ein Projekt“, „Das ist ein Projekt“, „Lassen Sie uns ein Projekt machen“ ??? intelliExperts untersucht kritisch die überstrapazierte Verwendung des Projektbegriffs im neuen Blogbeitrag: Projektmanagement – Warum ist heute jede Aufgabe ein Projekt?


Die Baumarktkette Hornbach hat am 26.12.2017 eine Werbekampagne gestartet, die unter dem Titel „Sag nicht Projekt, wenn du nicht Hornbach meinst“ auf Youtube zu finden ist. Wir haben Ihnen einen der drei Clips verlinkt, damit Sie einen Eindruck von der Kampagne bekommen.

Das Unternehmen hat erkannt, dass der Begriff des Projekts sehr leichtfertig verwendet wird. Natürlich ist der Umkehrschluss des Videos der, dass Hornbach sein Image als Projektbaumarkt pflegen will. Die Firma stellt die Materialien für Bauprojekte der Kunden zur Verfügung und will sich dementsprechend eine Autoritätsposition auf dem Markt sichern.

Durch die Betonung der freizügigen Verwendung des Begriffs Projekt stellt sich allerdings folgende Frage: Wie kam es dazu, dass der Begriff des „Projekts“ so leichtfertig verwendet wird?

Eine Diagnose des Übergebrauchs des Begriffs Projekt

Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts fanden erste Systematisierungen des Projektmanagements statt. Mit steigender Standardisierung der Prozesse nahmen Unternehmen dessen Methoden verstärkt als etwas Positives für die Abwicklung von zeitlich, finanziell und materiell begrenzten Arbeitsprozessen unter kontrollierten Bedingungen wahr. Projekte wurden alltäglichen Arbeitsabläufen gegenübergestellt. Wer als Mitarbeiter in einem Projekt tätig war, konnte durch dessen erfolgreichen Abschluss zudem seine Karriere befördern.

Ein Übergang des Fachbegriffs in die Alltagssprache wurde sicherlich durch folgende drei Punkte befördert:

1. Prestige

Mit steigendem Bekanntheitsgrad erfolgreich abgeschlossener Projekte trat der Begriff vermutlich in die Alltagssprache ein, mit der Hoffnung der Anwender verbunden, dass bei der Bezeichnung eigener Arbeitsabläufe als „Projekte“ etwas von diesem Prestige auf sie abfärbe.

2. Wissen

Gleichzeitig drückt der Begriff Projekt aus, dass der Anwender über eine spezifische Kompetenz verfügt. Dieses Wissen durch die Anwendung des Begriffs vermeintlich für sich zu beanspruchen, scheint ein weiterer Grund dafür zu sein, warum der Projektbegriff so leichtfertig verwendet wird.

3. Aktualität

Hinzu kommt als letzter Punkt, dass in den letzten Jahren ein Trend in Unternehmen zu beobachten ist, vermehrt Projekte zu starten. Möglicherweise will das Unternehmen damit demonstrieren, dass es die aktuellen Themen bearbeitet und somit Aktivität kommuniziert. Motto: „Schaut her, auch wir haben ein Projekt für XYZ gestartet!“

Ausschlusskriterien

Im Folgenden werden wir uns mit einigen negativen Definition von Herrn Dr. Eberhard Huber und dessen Blog an den Projektbegriff annähern. Was ist eigentlich alles kein Projekt?

  • Die Wartung einer bestehenden Software, die regelmäßig weiter entwickelt wird ist kein Projekt auch wenn ein ganzes Team an der Software entwickelt.
  • Vielleicht genügt ein großer Release-Sprung den Anforderungen eines Projektes. Der Wechsel von 5.1.7 auf 5.1.8 ist aber kein Projekt.
  • Die Beschaffung von Umzugskartons und Büromöbeln ist kein Projekt – vor allem nicht in einer Organisation, in der Umziehen zum Tagesgeschäft gehört.
  • Eine umfangreiche Aufgabe, die sich mittels vieler gleichartiger Arbeitsschritte vollständig parallelisieren lässt, ist kein Projekt.
  • Eine Aufgabe, die kein Ende kennt ist ebenfalls kein Projekt.

Jetzt wird es spannend: Was gilt eigentlich als ein Projekt? Um eine handfeste Orientierung zu geben, zitieren wir im Folgenden aus der „Individual Competence Baseline für Projektmanagement“ der International Project Management Association (IPMA).

Kriterien für ein Projekt

„Ein Projekt ist ein einmaliges, zeitlich befristetes, interdisziplinäres, organisiertes Vorhaben, um festgelegte Arbeitsergebnisse im Rahmen vorab definierter Anforderungen und Rahmenbedingungen zu erzielen.“

Individual Competence Baseline für Projektmanager, S. 29.

Wichtig ist bei Projekten auch die Neuartigkeit und Einmaligkeit des Projektes. Dabei gelten Projekte als Möglichkeiten, einen Mehrwert für eine Organisation zu erbringen. Auch wenn es andere Möglichkeiten gibt, um diesen Mehrwert zu liefern, bringen Projekte bestimmte Vorteile mit sich. Zu diesen Vorteilen spezifiziert die IPMA drei Punkte:

Fokussierung: Projekte sind eine temporäre Organisation, die für genau definierte Ziele eingerichtet wurde. Sie sollen einen vorab bestimmten Mehrwert liefern.

Kontrolle: Projekte sind vorab definierten Beschränkungen unterworfen, wie Deadlines, Budgets und Qualitätsstandards.

Spezialisierung: Das Projektmanagement ist ein eigenes Berufsbild, dass Good Practices, Tools, Methoden und Zertifizierung einschließt.

Im Blogbeitrag von Herrn Dr. Huber wurde auch bereits das Agile Projektmanagement angesprochen und die Zweifel die mit einer dortigen Verwendung des Projektbegriffs auftauchen.

Wir von intelliExperts haben auch bereits kritisch über das Agile Projektmanagement in folgenden Beiträgen geschrieben:

Quelle: Photo 69222711 | Denisismagilov – Dreamstime.com

Betriebswirtschaftliche Betrachtung

Für jedes Projekt gilt die Grundregel, dass die Ergebnisse des Projektes sich betriebswirtschaftlich für das Unternehmen rechnen müssen. Leider ist es in der Praxis so, dass viele Unternehmen Projekte starten oder fortsetzen, die betriebswirtschaftlicher Unsinn sind. Dadurch werden wertvolle Ressourcen (Geld, Einsatz von Mitarbeitern, Zeit, Arbeits- und Betriebsmittel) unnötigerweise blockiert. Diese könnten für wichtige, strategische Vorhaben eingesetzt werden.

Die wichtigste Voraussetzung für den Start eines Projekts ist eine Berechnung des quantifizierten Nutzens. Diese Berechnung muss bei jedem wichtigen Meilenstein während der Laufzeit eines Projektes wiederholt werden, weil sich Parameter, Rahmenbedingungen und Ziele im Verlauf ändern können. Ist das Ergebnis einer solchen Berechnung kleiner oder gleich Null, wird das Projekt nicht gestartet oder sofort gestoppt!

Wenn ein Unternehmen das von jedem Projektleiter verlangt, wird auch die Verwendung des Projektbegriffes deutlich reduziert. Dann werden Aufgaben wieder zu Aufgaben, die einfach erledigt werden. Ohne die unnötige Projektorganisation und ihre Prozesse.

Schluss

Welche Schlüsse lassen sich aus diesen Punkten für die Anwendung des Projektbegriffs ziehen?

  • Er sollte nur in Kontexten verwendet werden, die der Definition der IPMA entsprechen.
  • Er sollte mit den nötigen Werten verbunden werden, die ein Projektmanager vertritt. Wir sind darauf hier eingegangen: Werte in Projekten. Zusätzlich dazu finden Sie die vertretenen Werte auch in der am Ende des Beitrags angehängten Pdf der IPMA aus der wir bereits zitiert haben.
  • Und ganz sicherlich am Wichtigsten: der Begriff des Projekts sollte mit dem nötigen Wissen um dessen Komplexität und den damit einhergehenden Verantwortungen seitens des Projektmanagers verbunden werden.

Haben Sie Fragen oder möchten Sie uns Ihre Sichtweise darlegen? Schreiben Sie uns einen Kommentar unter den Blogbeitrag.

PS: Kennen Sie schon unsere Website www.intelliexperts.de



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